es gibt Dinge und Begegnungen im Leben die brauchen etwas Zeit – und für diesen Post habe ich mir nun über ein Jahr Zeit gelassen – nicht weil mir bisher dazu nichts eingefallen ist, sondern weil es zu wichtig war, von diesen zwei Tagen der Masterclass nur mit ein paar schnellen vor Begeisterung überschäumenden Sätzen zu berichten… ich habe mir diesmal ganz bewusst so viel Zeit gelassen – ganz einfach, weil ich für mich selbst erst einmal schauen wollte, was sich seitdem verändert hat.
Es geht um die MasterClass bei Steffen Böttcher – allseits bekannt auch als der Stilpirat.
Im Februar 2014 konnte ich noch einen Platz für mich buchen, groß war die Freude, als die Zusage kam…. und gleichzeitig gingen damals dann für mich schon die ersten Fragen los.. a la .. Bin ich schon soweit, da mitzumachen ? Ich hatte in 2013 Steffens Workshop zur Hochzeitsfotografie besucht und dieser hat mir damals einen richtigen Schub versetzt und von der Masterclass hatte ich schon viel gehört und ich wusste, irgendwann MUSS ich da hin und dann war ich schneller dort als ich es eigentlich angedacht hatte…
Bei der Masterclass geht es natürlich ums Fotografieren – klar – aber dort geht es nicht um die Technik, es geht nicht um Blenden, Objektive, Kameras und Lichtformer… diesen ganzen handwerklichen Kram den Du Dir auf zig anderen Workshops reinziehen kannst… nee – es geht um das was passiert, bevor Du ein Bild machst, in Deinem Kopf, in Deiner Vorstellung… es geht um Bildsprache, um Ästhetik, es geht um Ausdruck, es geht um Inhalte … und genau genommen geht es um Deinen eigenen Inhalt… es geht um’s Mensch-Sein, es geht um Deine Stärken und es geht natürlich auch um Deine Schwächen… es geht ums Scheitern und Neubeginnen und wenn Du Dich darauf einlässt, dann geht es an Deine Substanz…
so oder ähnlich hatte ich das schon von einigen früheren Teilnehmern gehört und gelesen…
diese zwei Tage werden Dich verändern!
Der Mensch ist träge, manchmal einfältig und es geht ihm vermeintlich gut, wenn er mit sich und der Welt im Reinen ist – die Angst vor Veränderung ist die Bremse, mit der man sich oft sein Leben versaut, mit der man sich selbst aufs Abstellgleis schiebt und sich irgendwann damit unnötig weil austauschbar macht .. … und auch wenn einem dies bewusst ist, so ganz ausschalten kann man diesen Reflex nicht – er ist da und ganz real… und um so näher der 14 Februar rückte, um so mehr wuchs mein Respekt vor diesen Tagen… eine Ahnung und auch die Hoffnung, dass da etwas passieren würde… mit mir.
Die MC geht genau genommen schon los, bevor man überhaupt im Heidestudio ankommt… es gab eine Aufgabe:
Suche mal aus zigtausend Fotos die 20 Tollsten, Wichtigsten, Schönsten raus – die für Dich die 20 besten Bilder sind, die 20 die Dich ausmachen…. ich sags mal so… meine best-of-20 variierten etwa eine Woche lang jeden Tag einige Male.. und schon ist man dabei, über sich und seine Bilder nach zu denken.. sich zu beschäftigen… sich und seine Bilder in Frage zu stellen… aber hilft ja nichts, irgendwann drückte die Zeit… ich habe dann aus den Bildern ein Fotobuch gebaut und… was soll ich sagen, als das Buch endlich bei mir ankam, hätte ich es am liebsten gleich nochmal neu gebaut …
Ich habe einige sehr ernste Bilder ausgesucht und ins Buch getan, auch einige, die vielleicht zu ernst wirken, wenn man die Hintergründe zu dem jeweiligen Bild nicht kennt. ….und das war gut so…. sollte es doch für eine Erkenntnis sorgen, die Steffen mir nach nur einigen Blicken in das Buch an den Kopf knallte und die dort irgendwie wie eine Bombe mit Zeitzünder einschlug.. aber jetzt springe ich schon zum Ende des ersten Tages … also von vorn:
Morgens im Heidestudio angekommen, hatte Steffens Frau Christina ein oberleckeres Frühstück bereitet – bei dem wir uns erst mal ganz locker vorgestellt haben – wir waren 5 Teilnehmer. Steffen versteht es gut, sofort eine Stimmung aufzubauen, die irgendwie total ehrlich und verbindlich ist. Kein affektiertes hölzernes Selbstverkaufen sondern einfach so zu sein, wie man ist…mit allem Plus und Minus… und schon waren wir bei der Fotografie… Es ging um Bildaussagen, um Ästhetik, um Inhalte und um die Geschichten die Du mit nur einem Bild erzählen kannst… wir haben uns zusammen durch viele Bildbände geblättert und zu fast jedem Bild gab es einige Dinge zu sagen.. stilistische Mittel… Ausdrucksformen… Hintergründe zu dem Bild.. um das Wie und Warum ein Bild „funktioniert“ … und das Ganze war so wahnsinnig interessant, dass die Zeit wie im Fluge verging… da gab es unheimlich viele Aha-Effekte … selbst Bilder die ich schon lange kannte, sah ich auf einmal irgendwie anders.. und das war total spannend… ein ganz neuer Zugang …. nachmittags haben wir dann noch etwas über Ästhetik gefachsimpelt… bis dann Bertan eintraf – unser Model für den praktischen Teil. Als erstes hat Steffen uns ganz praktisch gezeigt, wie er mit einem Model arbeitet, oder sagen wir lieber mit dem Menschen vor der Kamera, weil es das eher trifft als dieser blöde Model-Begriff – wie er kommuniziert, worauf er achtet und vor allem wie er eine Stimmung schafft, bei der genau die Bilder herauskommen, die er haben möchte, wie er so ein Bild entstehen lässt…… dabei und danach wurde es dann auch für uns Teilnehmer praktisch… jeder hatte genug Zeit, allein ein kleines Minishooting mit Bertan zu machen… und dabei sind ein paar Bilder entstanden, die wie ich es immer ausdrücke einfach rocken… nicht durch Technik und irgendwelche Lichtformer… nee … durch Kommunikation… Bilder bei denen Du schon vor dem Auslösen weißt … YES ! thats it… Freude und ein innerliches .. AHA.
Danach dann ein gemeinsames Studioshooting. Auch dabei wurde man ganz unauffällig von Steffen beobachtet und er hat sofort seinen Senf dazu gegeben, wenn ihm irgendetwas auffiel… und dabei ging es weniger um Bertams Posen… sondern darum wie man sich als Fotograf verhält, was man ausstrahlt, wie man damit den Fotografierten beeinflusst – was man eigentlich für ein Bild machen will bevor man es macht … und ein paar sehr klare und nennen wir es deutliche Ansagen gab es auch… zum Beispiel wenn wir uns während des Shootings mit Kameraeinstellungen beschäftigt haben und der Kontakt zum Model daher abriss… (auch einer der Aha-Effekte, seitdem hab ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal während eines Shootings in die Einstellungen gehe, kommt auch kaum noch vor – ich schwör ! )
Nach einem köstlichen Abendessen vom Feinsten kam nun der Moment näher an dem Jeder seine Best-of-20 vorlegen sollte… Bildkritik, klare Ansagen, etwas Lob… was würde da kommen… die Spannung stieg….
ich war als Zweiter an der Reihe und entsprechend aufgeregt… und gespannt…. es war mit völlig klar, dass es nicht nur Lob geben würde… für Lob war ich auch nicht da… Lob ist prima aber bringt Dich selten wirklich weiter …. und dann: Steffen blättert mein Buch durch… 1 mal im Schnelldurchlauf…. und sagt mir auf den Kopf zu was los ist… so als Credo – Du lässt Deinen Modellen zu wenig Raum sie selbst zu sein.. die strahlen alle zuviel von Dir zurück und sind nicht so sehr sie – Deine Portraits sind zu sehr Selbstportraits. Punkt.
Schluck.
Dann kam der zweite Bilddurchlauf – diesmal überblätterte er die Hochzeitsbilder, von denen auch einige im Buch waren… und murmelte.. ok.. Hochzeiten kannst Du die sind gut – Aber darum geht’s hier nicht…
Dann weiter zu den Portraits… und besonders bei den ernsten Bildern… und dann immer wieder die Ansage: da ist zuviel von Dir drin…. ich sehe Dich in den Gesichtern, ein Portrait ist immer auch ein Selbstportrait, ganz klar ABER aber bei denen hier ist das zu viel davon… dann waren da noch 2-3 Bilder die er für technisch ok aber trotzdem inhaltlich wirklich misslungen hielt… eins davon hatte ich bis dahin zwar für eins meiner nicht schönsten, aber trotzdem wichtigsten Bilder gehalten… Verriß …. innerlicher Aufruhr… ich im Verteidigungsmodus… will mich erklären…. keine Chance… ich will es nicht wahrhaben, aber ich spüre er hat Recht… verdammt… ich höre was er sagt und ich weiss, das brennt sich jetzt ein… das ist jetzt so ein Moment, so einer von den ganz wichtigen…… ich zwinge mich dazu zuzuhören, jetzt mitnehmen was geht … bin erstmal erledigt …. gebe erstmal auf …ich brauche Zeit, will nachdenken… muss eine Rauchen… Nein Zwei.
Und so hatte wohl jeder von uns Teilnehmern mit sich zu tun und musste erstmal das Gesagte verdauen … Danach war dann Schluss… zu dritt blieben wir im Studio – irgendwie war die Luft raus…so ein fixundfertig-Gefühl, bissel geredet haben wir noch, ein paar Geschichten erzählt, ein Bier dazu und gleich noch ein paar Bilder des Tages bearbeitet… aber so wirklich lustig wollte es nicht werden. Jeder war zu sehr mit sich selbst beschäftigt…
Ich hatte schon aus Berichten früherer Teilnehmer gelesen, dass diese Nacht dort im Studio keine einfache Zeit ist… und hab mir immer gedacht: Meine Güte… lalalalala….
Dann lag ich irgendwann oben auf meinem Zimmer und starrte an die Decke… ich hatte das Gefühl, im Kopf ist Achterbahn.. so viele Gedanken, viele davon ziemlich destruktiv…nicht schön, aber nötig… zwischendurch in mehreren Bildbänden geblättert die überall im Heidestudio verteilt herumliegen… richtig richtig gute dabei… aber die innere Ruhe fehlte dafür… Raus .. eine rauchen… so saß ich dann nachts auf der Bank im Garten und hab noch diverse Zigaretten geraucht und bei Cola light in mich rein gehört. Ich verstehe was er sagt, aber kann ich das so annehmen, …. bin ich dann noch ich … was will ich mit meinen Bildern…. wer bin ich eigentlich …. lauter Fragen… irgendwie versteht es Steffen, da irgendwo Denkprozesse in Gang zu setzen, solche die Alles in Frage stellen… und sowas kann auch weh tun … aber es reinigt… und wenn Du den Dingen auf den Grund gehen willst, dann geht das wohl nur, wenn man bei sich selbst anfängt… erstmal alles einreissen, um zu sehen was danach noch wert ist wieder hingestellt zu werden …. so in der Art… und während ich innerlich noch beim Einreißen war, fiel mir ein Buch in die Hände… mit einem Titel der irgendwie in die Situation passte…. Es ist nicht wichtig wer Du bist, sondern nur wer Du sein willst… (das erfolgreichste Buch der Welt) … und ich schaute rein.. las 3-4 Sätze und nahm es mit aufs Zimmer… in den nächsten Stunden habe ich dieses Buch gefressen… und kam langsam zur Ruhe… irgendwann ganz früh…
zwei, drei Stunden geschlafen – im Morgengrauen wurde ich wach… tappste in die Küche und fand die Kaffeemaschine… machte mir einen großen Becher mit ein paar Krümeln von Christinas genialem Kaffee-Gewürz… wieder raus in den Garten auf “meine” Bank…. und dann ging die Sonne auf… und ich war irgendwie wieder ganz bei mir … in der nächsten Stunde sind mir einige Dinge sehr klar geworden – das Gedankenchaos war verschwunden …ich war wieder da ….wieder in der Spur… ich fing wieder an Pläne zu machen …. irgendwas war passiert in den vergangenen 24 Stunden…
Tag 2:
Vom zweiten Tag sind mir vor allem die beiden Aufgaben in Erinnerung geblieben…
zum Einen sollte jeder einen Bildvorschlag erarbeiten für das Cover zu Steffens Hörbuch, dass damals gerade produziert wurde…
und die andere Aufgabe war, sich von einem Bild inspirieren zu lassen und es mit Lena neu zu interpretieren.. völlig frei ohne Vorgaben
und natürlich das später folgende persönliche Gespräch mit Steffen unter 4 Augen, nachdem er einen bei einem kleinen Shooting mit Lena beobachtet hatte… das zählt für mich mit zu den Höhepunkten dieser 2 Tage und darüber werde ich hier nichts Inhaltliches schreiben, weil es ein 4 Augen Gespräch war und auch bleiben soll… nur soviel: bei diesem Gespräch merkst Du wirklich, wie gut Dich Steffen in den wenigen Stunden kennengelernt und analysiert hat… er sagt Dir auf den Punkt, wo Deine Stärken und deine Reserven sind, was Du gut kannst und wie Du es ausbauen solltest… in welche Richtung Du Dich entwickeln solltest und was so gar nicht Deins ist…. und er ist nicht nur ein begnadeter Fotograf… als praktizierender Psychologe würde er auch zu den ganz ganz Großen gehören… ganz sicher…. alles was er mir über mich erzählt hat, traf absolut zu… und einiges davon ist so klar ausformuliert wie er das getan hat immer mal wieder present… nicht nur in fotografisch relevanten Situationen… und es hat mir oft geholfen. Hammer !
nach den ganzen Einzelgesprächen wurden dann die Ergebnisse der Bildaufgaben besprochen und analysiert..
Mit meinem Coverbild war ich ganz und gar nicht glücklich – da merkte ich schon beim Fotografieren, dass es das nicht ist… und das ärgert mich heute noch… keine Bildidee die mir spontan einfiel, wurde dem gerecht, was ich eigentlich aussagen wollte.. ich war irgendwie völlig blockiert… verkrampft.. hab mich selbst so sehr unter Druck gesetzt… und auch wenn die Bilder die ich da fabriziert hab vielleicht ganz nett sind… für mich selbst habe ich da verkackt… vielleicht hätte ich noch etwas mehr Zeit gebraucht um über das zu machende Bild nach zu denken… ich wäre 2-3 Tage nach der MC gern nochmal nach Buchholz gefahren nur um ein ganz bestimmtes Bild von Steffen zu machen…. da hatte ich es dann vor Augen und war locker genug das auch durchzuziehen … glaube ich… zu spät…. verkackt bleibt verkackt … ist so.
Mit den Ergebnissen zur Aufgabe 2 war ich ganz happy… ich hatte zum einen ein Bild gemacht, zu dem ich mich von einem Audrey Hepburn Bild inspirieren lies, das ich sehr mag.. und zum anderen wollte ich Steffen und vor allem mir selbst unbedingt beweisen, dass ich auch positive und freundliche Bilder kann… das was bei Hochzeiten oft super funktioniert auch in einem Portrait umzusetzen… die Idee dazu war mir morgens beim Kaffee auf der Bank gekommen… auch eine Idee wie ich das erreiche… ich hatte einfach analysiert, wie ich selbst bei Hochzeiten drauf bin und warum das da kein Problem ist… und was ich bisher bei Portraitshootings anders gemacht hatte.. genau da lag der Hund begraben… bei mir selbst, in mir selbst… und was soll ich sagen… es funktionierte… die Lena-Bilder mag ich heute immer noch sehr.
Als ich dann abends in Richtung Heimat fuhr hallte noch so vieles in mir nach… die Gedanken sprangen hin und her… und ich wusste ich würde eine Weile brauchen, um das alles für mich einzusortieren und zu ordnen ….
ich kann nur jedem empfehlen, diese MC zu besuchen, an den 2 Tagen passiert so viel mit Dir… nicht nur fotografisch.
Und auch jetzt – über ein Jahr danach bin ich davon überzeugt, dass diese beiden Tage zu den ganz wichtigen und fetten Tagen in meinem Leben gehören, weil da ein paar Weichen neu gestellt wurden…. Als ich mich von Steffen verabschiedete sagte er: Thomas ich bin gespannt…. und ich hab nur gedacht: … Ja Mann- ich auch!
bei dieser MC ist ein kleines Video entstanden – Schaut mal rein…
Share this story